sozialistische Marktwirtschaft

sozialistische Marktwirtschaft
sozialịstische Marktwirtschaft,
 
Marktsozialismus, Wirtschaftssystem, in dem die Wirtschaftsprozesse bei vergesellschafteten Produktionsmitteln und (indirekter) staatliche Struktursteuerung über den Markt koordiniert werden. In den kommunistischen Staaten war zunächst nach sowjetischem Vorbild das gesellschaftliche Eigentum an Produktionsmitteln generell mit einer Koordination der Produktions- und Konsumtionsentscheidungen durch zentrale Planung verbunden. Diese führte jedoch zur Ausschaltung des Wettbewerbs; der betriebliche Erfolg orientierte sich am Grad der Planerfüllung. Dadurch sank das Bemühen der Betriebe, kostengünstige und Konsumentenwünschen entsprechende Produkte anzubieten. Durch die Einschaltung des Marktmechanismus versuchten einige kommunistische Länder, diese Nachteile zu vermeiden.
 
Die grundsätzliche Möglichkeit, durch marktwirtschaftlichem Wettbewerb zwischen staatlichen oder genossenschatlichen Betrieben Produktion und Konsumtion aufeinander abzustimmen, war bereits in der Zwischenkriegszeit in der Debatte um den Konkurrenzsozialismus (O. Lange, L. von Mises) nachgewiesen worden. Wenn allen Betrieben vorgeschrieben wird, dass sie ihre Produktion so lange ausdehnen, bis die Produktionskosten für eine zusätzliche Produkteinheit (Grenzkosten) gleich dem Preis dieses Produktes sind, dann ergibt sich die beste mit den eingesetzten Produktionsfaktoren möglicher Güterversorgung.
 
Modelle und praktische Reformversuche sozialistischer Marktwirtschaft werden danach unterschieden, ob sie den Marktmechanismus mit Staatseigentum und umfassender staatlicher Regulierung verbinden (etatistische Konzeptionen) oder mit gesellschaftlichem Eigentum, Dezentralisierung und Selbstverwaltung der Wirtschaftsprozesse (partizipatorische Konzeptionen). Eine eher etatistische Konzeption wurde 1968 mit dem »Neuen Wirtschaftsmechanismus« in Ungarn realisiert. Beispiele für partizipatorische Konzeptionen waren die Arbeiterselbstverwaltung im früheren Jugoslawien und die Wirtschaftsreform während des Prager Frühlings in der Tschechoslowakei (»Neues ökonomisches Modell« von O.Šik). Marktbeziehungen allein garantieren jedoch noch keinen funktionierenden Wettbewerb. Dessen Entstehung wird behindert, wenn in einem relativ kleinen Land bei vielen Produkten nur ein oder wenige Anbieter vorhanden sind, wenn die Betriebsleitungen nicht gewohnt sind, Produktqualität und Produktionsverfahren an den Markterfordernissen auszurichten und wenn Verluste, die durch mangelnde Marktanpassung und Kostendisziplin entstehen, vom Staatshaushalt übernommen werden, sodass der notwendige finanzielle Druck fehlt.
 
 
M. Feucht: Theorie des Konkurrenzsozialismus (1983);
 
Wirtschaftspolitik im Systemvergleich, hg. v. B. Cassel (1984);
 H. Leipold: Wirtschafts- u. Gesellschaftssysteme im Vergleich (51988);
 W. Brus u. K. Łaski: Von Marx zum Markt. Der Sozialismus auf der Suche nach einem neuen Wirtschaftssystem (a. d. Engl., 21990).

Universal-Lexikon. 2012.

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